Schwellenländer: Welche werden am dynamischsten sein – und welche sollte man im Blick behalten?

Während sich die globale Wirtschaft neu ordnet und entwickelte Volkswirtschaften an Dynamik verlieren, liegt die Hoffnung auf einer wirtschaftlichen Erholung bei den Schwellenländern. China, die größte unter ihnen, steckt in einer strukturellen Wachstumsverlangsamung. Doch welche Länder können diese Lücke füllen und Unternehmen in diesem Jahr die besten Chancen bieten? Ein Ausblick auf 2025.

New Deal: Wer kann ihn am besten nutzen?

Schwellenländer tragen zu fast zwei Drittel des weltweiten Wachstums bei. In diesem Jahr stehen sie vor einer großen Herausforderung: Sie müssen ihre Rolle als treibende Kraft der globalen Wirtschaft bestätigen. Gleichzeitig schwächen sich die entwickelten Volkswirtschaften ab, und geopolitische sowie wirtschaftliche Unsicherheiten nehmen zu. Die von Donald Trump angekündigten Maßnahmen könnten die Weltordnung neu gestalten.
Von der strukturellen Verlangsamung in China über Länder, die von Zöllen betroffen sind, bis hin zur Diversifizierungsstrategie der Golfstaaten, dem Wachstum Indiens, der schrittweisen Erholung Südafrikas und dem Aufschwung in Argentinien: Wir haben unseren Leiter der makroökonomischen Forschung gefragt, welche Länder besonders dynamisch sein werden und worauf sich Investoren konzentrieren sollten.
 

China: Können inländische Impulse die Zollrisiken ausgleichen?

China erreichte im vergangenen Jahr das offizielle Wachstumsziel von 5 %. Dennoch wird 2025 erneut ein herausforderndes Jahr. Coface erwartet einen Rückgang des Wachstums auf 4,3 %. Zwei Faktoren bestimmen die wirtschaftliche Entwicklung: das Risiko höherer Zölle und die Chance durch wirtschaftliche Anreize im Inland.
Zölle der USA und anderer Handelspartner dürften die Exporte belasten. Zudem könnte der sogenannte "Payback-Effekt" aus frühzeitigen Lieferungen die Situation verschärfen. Chinesische Produzenten könnten neue Märkte erschließen, müssen dort jedoch möglicherweise mit Preisnachlässen arbeiten. Das entscheidende Thema bleibt: Wird China in der Lage sein, mit gezielten Maßnahmen die Wirtschaft zu stabilisieren?
 

Ein groß angelegtes Konjunkturprogramm wird nicht erwartet. Stattdessen geht es darum, die Risiken durch höhere Zölle abzufedern und ein stabiles Wachstum zu gewährleisten. Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft werden sorgfältig abgestimmt und hängen von der Schwere externer Schocks ab.

Junyu Tan, Coface Ökonom für Nordasien 

 

Golfstaaten: Kann wirtschaftliche Diversifizierung die Abhängigkeit vom Öl brechen?

Die Länder des Golf-Kooperationsrats (GCC) haben unter dem Rückgang der Ölproduktion gelitten. Trotz Anstrengungen zur wirtschaftlichen Diversifizierung bleiben niedrige Energiepreise und geopolitische Risiken eine große Herausforderung für 2025.
Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate werden ihre wirtschaftliche Erholung fortsetzen. Diese hängt nicht nur von einer erhöhten Ölproduktion ab, sondern auch von der Entwicklung nicht-Öl-Sektoren wie Transport, Tourismus, Bau und Finanzdienstleistungen.
Unser Regionalexperte analysiert, ob sich die langjährigen Investitionen in die wirtschaftliche Diversifizierung langfristig auszahlen werden.
 

 

Südafrika: Allmähliche Erholung und wirtschaftsfreundliche Reformen?

Nach einer über zweijährigen Krise durch strukturelle Defizite in Energieversorgung, Transport und öffentlichen Dienstleistungen befindet sich Südafrika in einer Erholungsphase. Die neue wirtschaftsfreundlichere Regierung setzt ihre Reformagenda fort, um die strukturellen Probleme des Landes zu lösen. Dazu gehören Investitionen in die Infrastruktur sowie die Einbindung privater Unternehmen in ehemals staatlich kontrollierte Sektoren, etwa im Hafen- und Schienenverkehr.

Ein stabiles Wachstum von mehr als 3 % ist langfristig möglich, wenn die Reformen erfolgreich umgesetzt werden. Das Land verfügt über eine starke industrielle Basis und entwickelte Finanz- sowie Dienstleistungssektoren. Dennoch bleibt Südafrika anfällig für den globalen Protektionismus und die Auswirkungen der US-Wirtschaftspolitik. Zudem könnten die historischen Beziehungen zu Russland und China zu Herausforderungen im Umgang mit der neuen Trump-Regierung führen.

Aroni Chaudhuri, Coface Ökonom für Afrika

 

Argentinien: Funktioniert der "Mileinomics"-Ansatz?

Neben Südafrika zählt Argentinien zu den Schwellenländern, in denen Investoren wieder Vertrauen fassen. Das Land beendete 2024 die Rezession nach einem schwierigen ersten Jahr unter Präsident Javier Milei und dessen "Kettensägen-Plan". 2025 ist ein Jahr hoher Erwartungen: Die Wirtschaft soll um 4,2 % wachsen, nach einem Rückgang von 3 % im Vorjahr.
Die Erholung wird durch steigenden Konsum angetrieben. Die sinkende Inflation verbessert die Kaufkraft der Haushalte. Auch die privaten Investitionen dürften zunehmen, da sich das Geschäftsklima verbessert. Wird Milei die wirtschaftlichen Vorteile seiner Reformen nutzen können?

Eine zentrale Frage ist, wann die Devisen- und Finanzkontrollen gelockert werden. Diese Maßnahmen sollen makroökonomische Ungleichgewichte abbauen und eine stabile wirtschaftliche Erholung ermöglichen. Allerdings gibt es Unsicherheiten über den Zeitpunkt. Die Regierung könnte warten, bis die internationalen Währungsreserven gestärkt sind, oder erst nach den Zwischenwahlen im Oktober handeln, um Turbulenzen auf dem Devisenmarkt zu vermeiden.

Patricia Krause, Coface Ökonomin für Südafika

 

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